Mittwoch, 4. November 2015

arm oder frei? (1/2)


es gibt diese naechte, in denen die hunde vor deiner wohnung ununterbrochen bellen. mit dem sonnenuntergang bis zum morgengrauen. davor und danach eigentlich auch. es ist ein buntes orchester mehrstimmiger gesaenge mit hellem klaeffen, bedrohlichem knurren, rhythmischem lautieren und anruehrendem jaulen. mir erklaerte man mal, dass das geheul von hunden ein vorbote fuer ein drohendes erbeben sein kann. manche tiere haben da in der tat ein anderes sinnliches gespuer als der mensch und nehmen tektonische bewegungen zum teil schon stunden vorher wahr. so lag ich also die ersten naechte hier oft mit aufgerissenen augen im bett und wartete demuetig auf die anstehenden erdstoesse. doch nichts passierte. denn verlaesslich sind diese kennzeichen keineswegs. besonders deswegen nicht, weil die hunde hier staendig so einen aufriss machen. und weil es so viele sind.


urspruenglich stammt der hund vom wolf ab und entwickelte sich im zuge seiner domestizierung und sozialisierung der vergangenen jahrtausende zum treuen begleiter des menschen. in chile wendete sich irgendwann das blatt wieder. viele der strassenhunde hier hatten schliesslich mal einen besitzer. doch dann fehlte denjenigen ploetzlich das geld oder der platz oder es wurden zu viele welpen. die hunde wurden ausgesetzt. sie fuehrten ihr leben auf der strasse fort, zeugten weiter motiviert nachwuchs. und alles bekam eine eigene dynamik.


alleine und in gruppen durchstreifen die strassenkoeter ihr viertel, riechen aneinander, necken sich, streiten und lieben sich. sie begleiten dich geduldig oder enthusiastisch auf langen wanderungen. in der heissen mittagssonne liegen sie im schatten der haeuser und halten ihre siesta. aus spass verfolgen sie energisch autos (und leider auch fahrradfahrer), um im spiel mit dem risiko erst im allerletzten moment den kopf einzuziehen. und auf den frisch betonierten wegen finden sich die gleichgueltigen und freiheitsbewussten spuren grosser und kleiner pfoten. die welt der strassenhunde in chile hat an und fuer sich etwas sehr sympathisches. doch all das traegt auch seine kehrseite…

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