Samstag, 28. Februar 2015

reise durch bolivien und peru (1/3)

ueber 6.000 meter hohe vulkane und tiefe schluchten.
wueste und schnee, grossstaedte und verlassene doerfer.
die peruanische verfluchung aller chilenen in anbetracht der konfliktreichen geschichte und aktuellen politik.
ein schlafendes baby im gang des vollen ueberlandbusses auf dem ruckeligen weg nach la paz.
schweigsamkeit der erfolglosen verkaeufer.
der feuchte geruch des tropischen regenwalds.
ein schuechtern tanzendes maedchen neben der hauptstrasse auf der hoffnung einer spende.
salz, so weit das auge reicht.
vororte, die mit bergen an abfaellen in der mitte ihrer sandigen strassen muellkippen gleichen.
aufwendig traditionell gekleidete und heiter dem rhythmus der musik folgende frauen und maenner.
beschimpfungen, geschrei und schlaege der peruanischen haendler gegenueber der polizei bei einer razzia nahe der chilenischen grenze.
neugierig-verwirrt blickende lamas und majestaetisch gleitende condore.
kinderarmut, kinderarbeit.
zwei laender in bewegung. auf einem guten weg? die gesichter boliviens und perus hinterliessen uns aufgewuehlt.

wir begannen unsere reise im norden chiles. von calama aus fuhren wir durch die monotone und doch so vielseitige atacama-wueste, naeherten uns den anden und begaben uns schliesslich auf das bolivianische altiplano.


die panoramen sind umwerfend. sechstausend meter hohe berge, vulkane, lagunen, geysire und faszinierende formationen von gesteinen. fuechse, lamas, vicuñas, straussvoegel und flamencos liefen uns ueber den weg.





wir waren in bolivien angekommen und rangen nach luft in anbetracht dieser ueberwaeltigenden bilder. und der hoehe. unseren ersten schlafplatz in den bergen hatten wir auf 4.900 metern. seitdem begleiteten uns konstante kopfschmerzen, in den naechten weckte uns der sauerstoffmangel, kleinste bewegungen machten uns schwindelig. wir behandelten uns mit viel wasser, koka im tee und in den wangentaschen (was nach WHO vollkommen unbedenklich sein soll) und liessen alles langsam angehen. es stoerte. und trotzdem waren es diese panoramen und erfahrungen wert. mal abgesehen von unserer spaeteren bergwanderung, die ich auf gut 5.000 metern abbrechen musste. mir war, als implodiere und explodiere mein koerper zugleich unter dem druck dieser hoehe. es ist wie der schlimmste kater, grippe, magen-darm-infekt und schuettelfrost zugleich.


fernanda sagte mal bei einer unserer wanderungen genervt: "alles in bolivien ist hoch - ausser die wirtschaft." und hierbei mag es vielleicht auch einen zusammenhang geben. vor etwa fuenf jahren hatten wir die moeglichkeit durch das bergige lesotho zu reisen. und wir sahen nun so viele parallelen: landschaft, farben, der alltag, die infrastruktur und musik, auch aber der gedaempfte elan der Menschen, die geduld bis hin zur lethargie und mitunter niedrigen produktivitaet erinnerten uns sehr an jene eindruecke von der hochebene lesothos. und nun machten wir am eigenen leib die erfahrung, wie hoehe bremst. wer weiss, wie sehr sich sowas auch auf eine ganze gesellschaft auswirken kann.

schliesslich erreichten wir den salar de uyuni. waehrend am horizont die sonne aufging, standen wir auf dieser weltweit groessten, einmaligen salzwueste, betrachteten ihre kristalle und spiegelbilder, sinnierten ueber die unendlichkeit, die kreativitaet und genauigkeit der mutter natur.



die tour unternahmen wir mit vier sehr sympathischen mitreisenden und unserem bolivianischen fahrer miguel, der uns im gelaendewagen querfeldein ueber sand, stein und geroell bretterte. so manch verspielter maennertraum wuerde sich hier erfuellen.

nach diesem intensiven beginn unseres urlaubs entdeckten wir etappe fuer etappe die vielseitigkeit boliviens und perus…

Mittwoch, 4. Februar 2015

buena paz



umgeben von der aufgedrehten feierabendatmosphaere eines spaeten freitagnachmittags begaben wir uns in das auto, verliessen die hauptstadt und fuhren drei stunden in den sueden. in einem menschenleeren niemandsland von feldern, tomaten-, himbeer-, aepfel- und melonenplantagen stiegen wir aus, oeffneten das tor des feriendomizils von eltern gómez albornoz. ich schaute nach oben in den sternenklaren himmel dieser lauwarmen sommernacht. nur ein paar voegel unterbrachen die ruhe. der kontrast koennte kaum groesser sein. es ist das andere chile. 
 
buena paz heisst das kleine dorf bei molina. der name des guten friedens steht sinnbildlich fuer den charakter dieses orts, der nicht einmal bei google maps zu finden ist. entlang der seit kurzem asphaltierten strasse saeumen sich ein paar kleine haeuschen, duenne gassen verstecken viele weitere  huetten, in denen mehrere generationen von grossfamilien auf engstem raum wohnen. mittelpunkt des dorfgeschehens ist der bolzplatz und seine nicht nur sportlichen geschichten. trotz einer mittlerweile umfassenden anbindung an das stromnetz und an die wasserleitungen geht es hier noch in vielen bereichen sehr traditionell zu. regelmaessig faehrt der obstwagen vorbei und weist mit eindringlichen melodien auf sein angebot hin, auf einer grossen flaeche ueben sich die sogenannten huasos (landarbeiter) im rodeo und an besonderen abenden finden cumbia-, corrido- und cueca-taenze statt. 

 

einen auslaender moegen viele der bewohner noch nie in ihrem dorf gesehen haben. entsprechend verwirrte meine praesens. haeufig kam ich mir vor wie der mann vom mond. in den ersten kontakten starrte man mich an, dann wandte man sich an fernanda und fragte, was dieser typ hier macht.
fernandas mutter elba kommt aus der umgebung von buena paz. so habe auch ich nun zu jedem dieser menschen eine art familiaere beziehung. selbst zum einsamen waechter des etwa 1.100 meter hohen berges vor den tueren des dorfs. tag fuer tag steht claudio auf der spitze des huegels und meldet waldbraende der zentrale. er ist der cousin von dem partner der schwester von… ach…ich werde es nie verstehen… 


um diese bezaubernde natur zu geniessen und etwas klarheit ueber die vergangenen ereignisse zu gewinnen, fuellte ich mir die grossen wasserflaschen auf, schnappte mir den wanderrucksack und zog alleine los auf den berg. dabei traf ich claudio. doch viel konnte er meinen faszinierten schwaermereien vom anblick des verschneiten andenkette, des vulkans descabezado (der gekoepfte) oder des schlaengelich gewundenen flusses claro nicht abgewinnen. ihm hing das ganze ersichtlich zum halse raus. waehrend ich mir einen schoenen platz zum zelten suchte und aufgeregt die bilder des sonnenuntergangs erwartete, zaehlte er die stunden rueckwaerts bis feierabend. die naechsten vier tage war sein bruder wieder dran. 




abseits des getakteten rhythmus‘ der hauptstadt tickt auch die zeit hier etwas anders. so wollten wir mit den eltern unsere fahrt nach buena paz gleich nach dem mittagessen starten. puenktich um 19 uhr zogen wir los. die schwester plante am naechsten morgen nachzukommen. 20 uhr traf sie ein. ihr sohn folgte den tag darauf und verspaetete sich um etwa 5 stunden. als letzte kuendigte sich die zweite schwester mit ihrer familie fuer den anschliessenden abend an. und auch ihre ankunft verzoegerte sich leicht - um 24 stunden. wir sahen sie gar nicht mehr. so was ist gewoehnungsbeduerftig. doch wir sind im ferienmodus, das macht diese ablaeufe eigentlich ganz annehmbar.

nun kehrten fernanda und ich zurueck nach santiago, um noch vor unserer anstehenden reise den wohnungsvertrag zu unterzeichnen. und jetzt ist es offiziell. ab maerz leben wir zum ersten mal zu zweit in chile. unsere kuenftige wohnung befindet sich im 17. stock. das klingt zunaechst nicht urromantisch und fuer die haeuserkultur valparaísos typisch. doch fanden wir hier schlicht genau das, was wir suchten. bezahlbaren wohnraum, stabile infrastruktur, sichere umgebung in einem sehr interessanten viertel (playa ancha), die geringe entfernung zum zentrum, strom, wasser, gas, die unmittelbare naehe zum meer, zum strand, zur kuestenpromenade. wir freuen uns riesig auf unseren neuen lebensmittelpunkt.
und auf das, was uns nun die naechsten drei wochen erwartet. morgen frueh heben wir ab und reisen in die nordchilenische stadt calama, erkunden den westen boliviens, den sueden perus, bevor wir am 28.02. von arica zurueckfliegen und in einen neuen, uns noch vollkommen unbekannten alltag eintauchen.