Freitag, 12. Juni 2015

parallelwelten (1/2)



fernandas engagement bei der suche nach arbeit begann erste fruechte zu tragen. endlich bekam sie antworten und einladungen zu persoenlichen vorstellungsgespraechen. nun liegen einige harte bewerbungsverfahren hinter ihr. rollenspiele, reisen in die hauptsstadt, psychoanalytische zeichentests, gruppenbefragungen und bis zu zweieinhalbstuendige sitzungen verlangten einiges von fernanda ab. leider wurde aus den mitunter sehr interessanten stellenangeboten nichts. bis vor wenigen tagen, als ploetzlich ihr telefon klingelte. seitdem arbeitet fernanda in einem montessori-kindergarten in unserem viertel. es ist nur eine einmonatige vertretungsstelle mit 27 wochenstunden. die perspektive ist ueberschaubar und das gehalt reicht noch nicht mal fuer unsere kaltmiete. aber es ist ein anfang. ironie der geschichte ist, dass weder eine ausschreibung noch eine initiativbewerbung zu ihrer anstellung fuehrte. wieder waren es die besagten beziehungen. und diesmal die des deutschen ehemanns…

bei mir ergab sich, abgesehen von einem einmaligen, sehr spannenden lehrauftrag fuer naechstes jahr in deutschland, wiederum nichts neues bezueglich der beruflichen perspektive. das kann manchmal ganz schoen frustrieren. doch hat alles zwei seiten. wenn es auch finanziell um so mehr schmerzt, so finde ich nun dafuer die zeit zur hochzeit meines lieben freundes niels zu reisen und deutschland zu besuchen! zwar weiss ich nicht so genau, ob ich von zu hause wegfahre oder nach hause komme. aber ich freu mich sehr darauf - auf euch.
 
fliege ich oder nicht? ist es die richtige zeit fuer solche ausgaben? wie viel raum fuer diesen luxus goennen wir uns? wie finanzieren wir unsere zukunft? - all diese gedankengaenge beim klicken des „kaufen“-buttons bei der flugbuchung wirkten umso suspekter im kontrast, den wir am gleichen tag erfuhren. denn endlich lernten wir das andere valparaíso kennen. je hoeher man in dieser stadt faehrt, desto aermer wird es. wir fuhren nun ganz hoch. auf den huegel la cruz, dessen bewohner bei einem der groessten braende in der geschichte chiles 2014 fast alles verloren. eines der projekte, das von der spendenaktion fernandas und ihrer freunde profitierte, konnten wir besuchen. die sicht hier oben ist aehnlich atemberaubend wir die schroffe fahrt hinauf im colectivo, dem taxiaehnlichen transportmittel der wahl dieser gegend. die strassen sind nicht geteert, die flaeche von den vielen familien illegal bewohnt, das wasser kann man nicht trinken. man trinkt es trotzdem. 



um die 150 euro pro monat sollen viele der ansaessigen berufstaetigen nur verdienen. weil der ort so hoch liegt, gehen oft an die 50, 60 euro allein fuer die fahrten zur arbeit drauf. die frustrationstoleranz, kreativitaet, freiwilligkeit und inovationskraft der leute ist umso beachtlicher. und trotzdem: weiter entladen kleine betriebe und vielleicht auch privatleute illegal aber kostenfrei ihren muell in den haengen. es ist ein so heikles gemisch mit den  eukalyptus-waeldern rundherum. feuerloescher sind weit und breit nicht zu sehen. und wie hier ein feuerwehrfahrzeug hinkommen will, steht nochmal auf einem ganz anderen blatt. mich beschlich beim anblick der miesen infrastruktur das mulmige gefuehl, dass der naechste grossbrand und die wiederholung des desasters nur eine frage der zeit ist.


der naechste gegensatz zu unserer realitaet ergriff uns nur wenige tage spaeter mit dem besuch eines guten alten bekannten. im gefaengnis…

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