Samstag, 24. Januar 2015

valparaíso



wenn das wort “leben” ein urbanes geruest, ein staedtisches sinnbild braeuchte, es waere valparaíso. voller energie, farben, bewegung und ideenreichtum steckt dieser faszinierende, von der unesco ausgezeichnete ort am pazifischen ozean. hinter den zentralen hauptstrassen am fusse der hafenstadt tuermen sich die huegel auf mit ihren bunten haeusern, die sich in allen richtungen verlaufen. die namen der berge verraten viel ueber das ambiente hier - sie heissen cerro bellavista, alegre, los placeres, mariposas. je hoeher man steigt, desto aermlicher, dann auch gefaehrlicher wird es. etwa 270.000 menschen fasst valparaíso, zaehlt man den umkreis mit, sind es fast eine million. ihr alltag bewegt sich irgendwo zwischen typischem trubel eines wirtschaftszentrums, studentischem flair, finanzieller armut, kreativem reichtum, dem sog der kunst, dem beiwohnen einer offenen ausstellung unter freiem himmel in einer der weltmetropolen des graffiti, verruecktheit, systemkritik und gelebter utopie. manche sagen, valparaíso sei die schoenste stadt chiles wenn nicht gar suedamerikas. doch am treffendsten brachte gille, der franzoesische besitzer unseres hostels, das wesen dieses orts auf den punkt. nicht nach chile sei er ausgewandert, sondern in die unabhaengige republik valparaíso. so einzigartig, eigen ist dieser ort.
und er hat uns ergriffen. voll und ganz eingenommen. wir haben das gefuehl, an genau der stelle angekommen zu sein, wo wir zu diesem zeitpunkt leben moechten.

unsere erkundungstouren durch die strassen und gassen, ueber die huegel und entlang der kueste verbanden wir mit der suche nach einer geeigneten wohnung. und trotz unserer erschwerten bedingungen mit der vorausgegangenen terminkoordination aus der ferne zum einen, der kauf- statt mietkultur in chile zum anderen hatten wir eine erstaunlich gute auswahl angeboten bekommen. und sind aller voraussicht nach sogar auch fuendig geworden. doch noch ist trotz beidseitiger zusage nichts in trockenen tuechern. denn der papierkram hier ist nicht ohne. und vor allem muessen wir uns mit so mancher vertraglicher eigenheit arrangieren. so ist es in chile gewoehnlich, dass es bei einem neuen mietverhaeltnis eine erste kuendigungsfrist von 12 monaten gibt. aller sechs monate wird die miete angepasst. und unabhaengig von ersparnissen oder vom regelmaessigen einkommen ist vorgesehen, dass grundsaetzlich ein aval, also eine art mitschuldner hinzugezogen wird. vermietet werden in erster linie apartments mit kleinerer flaeche in hochhaeusern. die bunten haeuschen auf den huegeln hingegen scheinen eher im eigentum der familien zu sein und von generation zu generation weitergegeben zu werden. und so oder so macht ihre bausubstanz auf mich keinen so vertrauenserweckenden eindruck. und das spielt hier eine fundamentale rolle.  grob aller zwei wochen bebt es in dieser gegend ueber dem grad 4 der richterskala. und frueher oder spaeter auch mal deutlich staerker. deswegen ist eine der grundsatzfragen bei besichtigungen, wie das haus den 27. februar 2010 ueberstanden hat, als das letzte richtig grosse erdbeben (mit dem grad von 8,8) stattfand.
fuer eine wohnung mit 60 bis 80 m² in einem sicheren viertel sind etwa 400, 500 euro warmmiete einzukalkulieren. mit unserer erfahrung auf dem umkaempften mietmarkt in muenster fanden wir das ganz entspannt. doch darf man die relationen nicht aus dem blick verlieren. laut oecd stehen einem deutschen haushalt pro monat netto 2.270 euro zur verfuegung, einem chilenischen nur gut 1.000 euro. deswegen ist das bewohnen einer solchen unterkunft wie unserer kuenftigen schon eine privilegierte situation.
fernanda managt bei der ganzen recherche den kontakt, klaert die bedingungen, organisiert den ablauf. ich kaempf mich etwas zeitversetzt durch die formelle sprache der dokumente durch, nick ab, stelle fragen, vergleiche die angebote. und spiele bei den besichtigungen die karte des verlaesslichen deutschen aus. die besitzerin unserer unter umstaenden neuen wohnung sagte uns direkt, dass sie uns haben will, sie vertraut uns, schliesslich komm ich aus deutschland. tja. positive diskriminierung. wenn nun also alles klappt, unterzeichnen wir in den naechsten tagen den vertrag fuer eine wohnung mit meerblick und zugang zum strand ab maerz in valparaíso :).

1 Kommentar:

  1. ich hoffe doch das die neue wohnung mindestens ein gastezimmer hat ;-) ab nächste woche donnerstag bin ich auch auf euerm kontinet...zwar etwas nördlicher in kolumbien aber dennoch nicht soweit weg wie jetzt...

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