wenn das wort “leben” ein urbanes
geruest, ein staedtisches sinnbild braeuchte, es waere valparaíso. voller
energie, farben, bewegung und ideenreichtum steckt dieser faszinierende, von
der unesco ausgezeichnete ort am pazifischen ozean. hinter den zentralen
hauptstrassen am fusse der hafenstadt tuermen sich die huegel auf mit ihren
bunten haeusern, die sich in allen richtungen verlaufen. die namen der berge
verraten viel ueber das ambiente hier - sie heissen cerro bellavista, alegre, los
placeres, mariposas. je hoeher man steigt, desto aermlicher, dann auch
gefaehrlicher wird es. etwa 270.000 menschen fasst valparaíso, zaehlt man den
umkreis mit, sind es fast eine million. ihr
alltag bewegt sich irgendwo zwischen typischem trubel eines wirtschaftszentrums,
studentischem flair, finanzieller armut, kreativem reichtum, dem sog der kunst,
dem beiwohnen einer offenen ausstellung unter
freiem himmel in einer der weltmetropolen des graffiti, verruecktheit, systemkritik und gelebter
utopie. manche sagen, valparaíso sei die schoenste stadt chiles wenn nicht gar
suedamerikas. doch am treffendsten brachte gille, der franzoesische besitzer
unseres hostels, das wesen dieses orts auf den punkt. nicht nach chile sei er
ausgewandert, sondern in die unabhaengige republik valparaíso. so einzigartig, eigen ist
dieser ort.
und er hat uns ergriffen. voll und
ganz eingenommen. wir haben das gefuehl, an genau der stelle angekommen zu
sein, wo wir zu diesem zeitpunkt leben moechten.
unsere erkundungstouren durch die
strassen und gassen, ueber die huegel und entlang der kueste verbanden wir mit der
suche nach einer geeigneten wohnung. und trotz unserer erschwerten bedingungen
mit der vorausgegangenen terminkoordination aus der ferne zum einen, der kauf-
statt mietkultur in chile zum anderen hatten wir eine erstaunlich gute auswahl
angeboten bekommen. und sind aller voraussicht nach sogar auch fuendig
geworden. doch noch ist trotz beidseitiger zusage nichts in trockenen tuechern.
denn der papierkram hier ist nicht ohne. und vor allem muessen wir uns mit so
mancher vertraglicher eigenheit arrangieren. so ist es in chile gewoehnlich,
dass es bei einem neuen mietverhaeltnis eine erste kuendigungsfrist von 12
monaten gibt. aller sechs monate wird die miete angepasst. und unabhaengig von
ersparnissen oder vom regelmaessigen einkommen ist vorgesehen, dass
grundsaetzlich ein aval, also eine art mitschuldner hinzugezogen wird. vermietet
werden in erster linie apartments mit kleinerer flaeche in hochhaeusern. die bunten
haeuschen auf den huegeln hingegen scheinen eher im eigentum der familien zu
sein und von generation zu generation weitergegeben zu werden. und so oder so
macht ihre bausubstanz auf mich keinen so vertrauenserweckenden eindruck. und
das spielt hier eine fundamentale rolle.
grob aller zwei wochen bebt es in dieser gegend ueber dem grad 4 der
richterskala. und frueher oder spaeter auch mal deutlich staerker. deswegen ist
eine der grundsatzfragen bei besichtigungen, wie das haus den 27. februar 2010
ueberstanden hat, als das letzte richtig grosse erdbeben (mit dem grad von 8,8)
stattfand.
fuer eine wohnung mit 60 bis 80 m²
in einem sicheren viertel sind etwa 400, 500 euro warmmiete einzukalkulieren.
mit unserer erfahrung auf dem umkaempften mietmarkt in muenster fanden wir das
ganz entspannt. doch darf man die relationen nicht aus dem blick verlieren. laut
oecd stehen einem deutschen haushalt pro monat netto 2.270 euro zur verfuegung, einem
chilenischen nur gut 1.000 euro. deswegen ist das bewohnen einer solchen
unterkunft wie unserer kuenftigen schon eine privilegierte situation.
fernanda managt bei der ganzen recherche
den kontakt, klaert die bedingungen, organisiert den ablauf. ich kaempf mich
etwas zeitversetzt durch die formelle sprache der dokumente durch, nick ab, stelle
fragen, vergleiche die angebote. und spiele bei den besichtigungen die karte
des verlaesslichen deutschen aus. die besitzerin unserer unter umstaenden neuen
wohnung sagte uns direkt, dass sie uns haben will, sie vertraut uns, schliesslich
komm ich aus deutschland. tja. positive diskriminierung. wenn nun also alles
klappt, unterzeichnen wir in den naechsten tagen den vertrag fuer eine wohnung
mit meerblick und zugang zum strand ab maerz in valparaíso :).
ich hoffe doch das die neue wohnung mindestens ein gastezimmer hat ;-) ab nächste woche donnerstag bin ich auch auf euerm kontinet...zwar etwas nördlicher in kolumbien aber dennoch nicht soweit weg wie jetzt...
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