Montag, 19. Januar 2015

santiago




etwa dreissig minuten vor der landung sahen wir die berge. trockene, asymmetrische huegel und taeler breiteten sich unter unserem flieger aus. es war nur die precordillera, die eigentlichen anden kamen erst jetzt, mit ihren schneebedeckten gipfeln. endlose, massive, wuchtige tuerme, deren anblick den atem raubt. uns wurde klar, dass wir nun da ankommen, womit wir uns fuenf jahre auseinandergesetzt haben. chile. es war ueberwaeltigend, in jeglicher hinsicht. dann sahen wir santiago. beziehungsweise eine dunkle, braune, riesige wolke in der ferne. es ist ein schoenes sinnbild fuer das land, dieser kontrast zwischen beeindruckender schoenheit und der duesteren realitaet vieler.

wir beide, fernanda und ich, strebten seit langer zeit danach, unsere sachen zu packen, rauszukommen und unseren weg in chile fortzusetzen. doch wurde mir in diesen momenten sehr bewusst, dass wir, ob wir wollen oder nicht, unserer unterschiedlichen herkunft tribut zollen muessen. so sehr fernanda in all den jahren deutschland als heimat erlebte und ich fernweh nach chile empfand, so unterschiedlich waren doch unsere gefuehle mit dem beginn dieser reise. fernanda strahlt, ist aufgeregt, in ihrem neuen alten zu hause angekommen und ungemein gluecklich. ich bin vielmehr bewegt von den abschieden von meiner familie und meinen freunden, verwirrt, etwas orientierungslos und brauche zeit, um das alles zu verstehen. eine binationale ehe ist in so vielen facetten bereichernd, doch hat auch ihren preis.

freitagmorgen landeten wir in der pulsierenden grossstadt santiago. klarer himmel und etwa 35 grad gaben uns schnell zu verstehen, wo wir sind. wir liessen uns bei fernandas eltern in la florida nieder, dem vorort der sechs-millionen-metropole, genossen die zeit im hause gómez nach den jahren der distanz, erzaehlten uns von vergangenen ereignissen, lachten viel und assen im schatten der orangen- und avocadobaeume im garten des kleinen wohnung. vater don fernando hat 80 kilo fleisch besorgt, alles bio, eine der zwei kuehe von fernandas grosseltern wurde fuer diesen anlass geschlachtet.
bei einem kleinen abendspaziergang im viertel liess ich dann meine eindruecke etwas sacken, betrachtete die berge ueber der stadt und schlaengelte mich entschlossen an den wie ueblich klaeffenden strassenkoeter vorbei. atmete etwas durch. ich bemerkte, dass ich in einer sackgasse steckte, und die hunde, dass ich hier also nicht hingehoere. der ton wurde aggressiver, dann biss einer der drei zu. die fünf kleinen zahnabdruecke in meiner linken wade sind nun ausdruck meines sinneswandels. bisher fand ich das freie hundeleben auf den strassen chiles eher sympathisch bis amüsant. doch ist es eben auch gefaehrlich, schmutzig, problematisch. fuer mensch wie tier.

nach den tagen bei der familie, etwas in der natur, nach spaziergaengen durch die viertel, der vergeblichen suche nach guten fahrraedern und nach zum verrueckt werdenden und erstmal ergebnisfreien behoerdengaengen bezueglich meines visums  fahren wir morgen (dienstag) raus in unsere eigentliche neue heimat. valparaíso. uns erwarten einige wohnungsbesichtigungen. und wir werden etwas die luft dieser besonderen stadt schnuppern.  unserer neuen heimat.

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